Kunststoffe im Flugzeugbau: Vor- und Nachteile





Wenn von möglichen Verwendungszwecken für faserverstärkte Kunststoffe (FVK) die Rede ist, dauert es meist nicht lange, bis das Gespräch auf die Luft- und Raumfahrtindustrie kommt. In der Tat scheinen die Eigenschaften des Materials wie geschaffen für die Anforderungen beim Flugzeugbau: extreme Stabilität und geringes Gewicht. Doch warum bestehen die meisten kommerziellen Flugzeuge noch immer aus Metall anstatt aus den neuen Kunststoffen? Hier eine kurze Übersicht der Vor- und Nachteile, die faserverstärkte Kunststoffe gegenüber Metallen wie Aluminium oder Titan bieten.


Weniger Ermüdung - bei Flugzeug und Passagieren

FVK haben die Eigenschaft, starrer zu sein als etwa Aluminium. Ein aus FVK gebauter Flugzeugrumpf ermöglicht so einen höheren Luftdruck in der Kabine, also ähnlich wie am Erdboden. Das, so zeigen Studien, führt dazu, dass Passagiere und Crew sich weniger erschöpft und müde fühlen. Auch der lästige Druck auf den Ohren würde wegfallen. Außerdem könnten durch die größere Starrheit des Rumpfes die Fenster vergrößert werden – noch ein Vorteil für den Passagier.

Doch auch sicherheitstechnisch bieten FVK Vorteile. Ermüdungserscheinungen des Materials sind heute eines der größten Probleme der Flugzeuge. Das ständige Wechseln zwischen hohem und geringem Druck belastet das Material auf Dauer extrem. Das macht die Flugzeugwand anfällig für Risse. Die modernen Kunststoffe trumpfen hier durch ihre Verbundstruktur auf, welche eine Ausbreitung von Rissen schon früh stoppt. Zudem können spezielle Sensoren ins Material eingebaut werden, die eventuelle Schäden schon frühzeitig an die Crew weiterleiten. 

Komplett neue Infrastruktur

Doch trotz der langen Liste von Vorteilen gegenüber herkömmlichen Stoffen, gibt es bei Verbundwerkstoffen auch Schwächen. Eine davon ist die Delamination, also das mögliche Ablösen der verschiedenen Schichten des Endmaterials. Außerdem würden große Folgekosten auf die Industrie zukommen: fast die komplette Infrastruktur müsste ersetzt werden. Flugzeugteile müssten aus verschiedenen Schichten zusammengeklebt, nichtmehr aus einem großen Block herausgeschnitten werden. Löcher und Schnitte im Material müssten mit speziellen Bohrern gemacht werden, da die enorme Widerstandsfähigkeit der FVK das herkömmliche Werkzeug verschleißen würde.
Zudem haben die Hersteller von Flugzeugen über 80 Jahre Erfahrung mit den Eigenschaften von Metall, moderne Kunststoffe sind ihnen relativ neu. Auch die Simulation am Computer würde sich aufgrund der besonderen Materialeigenschaften verkomplizieren.

Der Trend geht in Richtung FVK

Doch was bedeutet das für die Zukunft? Viele der Probleme der Luftfahrtindustrie sind alles andere als neu. Vor einigen Jahren stand die Automobilindustrie vor ähnlichen Herausforderungen im Bezug auf FVK, und auch bei den Flugzeugbauern geht der Trend in Richtung Composites. Die neuen Modelle wie Boeing 787 oder der Airbus A350 bestehen zu über der Hälfte aus FVK, und auch andere Flugzeugtypen profitieren von den Neuerungen. Ob sich die Verwendung von FVK für alle Arten von Flugzeugen bezahlt macht ist zumindest fraglich. Doch zumindest die Riesenflieger dürften in Zukunft immer mehr aus Faserverstärkten Kunststoffen bestehen.


Quelle: Online AMD
Bild: Shai Barzilay

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